Sonntag, 14. Dezember 2014

Kwa matatu kwenda… Überall  - Teil 1
Mit dem Matatu nach…  Na, ihr wisst schon, überall eben J

„Backpacken durch Kenia? Zwei kleine, weiße Mädchen? Und was ist, wenn wir unsere Rucksäcke verlieren? Oder wir mal keinen Schlafplatz finden? Oder wir verloren gehen? Miri, ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist.“ „Luisa, wie willst du denn bitte verloren gehen? Gib dir einen Ruck, das wird super!“
So oder so ähnlich beschlossen Miri und ich, wie wir in unsere 1 ½ Monate Sommerferien starteten – mit einer Backpackertour durch den südlichen Teil Kenias.
Am Sonntagmorgen (gegen 12 Uhr, der Abend zuvor war etwas länger) packten wir dann also unsere sieben Sachen, stellten überall Grundordnung her und schlossen schweren Herzens hinter uns die Haustür. Ein eigenartiges Gefühl. Man verlässt etwas Fremdes, was aber sein Zuhause geworden ist, um wiederum in die Fremde zu ziehen. Ohne genaueren Plan, ohne Zeiteinschränkung, nur mit einer nie gefühlten Freiheit und dem Gedanken, wo man diese Nacht wohl schlafen wird, im Gepäck.
Und so begann unser Abenteuer im Abenteuer…




Kericho

Na gut, ein bisschen haben wir schon geplant, sonst wäre ich nicht ich. Wir wussten jedoch nur, dass wir am Sonntagabend in Nakuru sein mussten, weil wir dort über das Internet (!) ein Zimmer gebucht hatten. Damit war wenigstens die erste Nacht in Sack und Tüten.
Unser erster Stopp war jedoch die kleine Stadt Kericho, bekannt für den enormen Anbau von Tee. 60% des Tees, der aus Kenia exportiert wird, kommt aus Kericho. Und Stellt euch mal vor, Kenia ist der drittgrößte Teeexporteur der Welt! Unser Wunsch war es die Plantagen zu sehen und natürlich auch einmal den Tässchen zu probieren. Wir kennen nur diesen afrikanischen Schwarztee mit Milch aus der Schule, der bis ins Unendliche gesüßt ist. Ernüchterung, an Sonntagen keine Führungen durch die Plantagen, Tee gibt es nur im örtlichen „Tea Hotel“ und jetzt ratet mal, was das für ein Tee war… Richtig, afrikanischer Schwarztee mit Milch. Aber wenigstens stand die Dose Zucker noch daneben.

Einen kleinen Willkommensgruß für unsere Reise gab es allerdings doch im Tea Hotel in Form eines wunderschönen Flügels aus Stuttgart (Miri kommt aus der Nähe von Stuttgart). Ich hätte vor Freude weinen können, musste dann auch sofort spielen. Außerdem lernten wir Evelyn, eine Frau mittleren Alters, kennen, die sich fröhlich schnatternd zu uns setzte und uns von ihrem Leben erzählte. Irgendwann kam dann auch noch eine junge Freundin von ihr und so hatten wir unsere ersten Urlaubsbekanntschaften schon gesammelt. 

Der ulkigste Moment der Reise war wohl, als Evelyn ihre Wimperntusche aus der Handtasche zog und sich damit den Haaransatz schwarz pinselte.
Menschen sind doch irgendwie eigenartige Wesen, oder?







Nakuru

Also diese Matatufahrt im Dunkeln von Kericho nach Nakuru hat mich fertig gemacht. Erstmal war es Glück, dass wir überhaupt noch ein Matatu erwischten und dann hatten wir wohl den „krassesten“ Fahrer überhaupt. Ich glaube ja immer noch der war auf Speed. Jedes Mal, wenn uns ein Auto entgegenkam: Fernlicht an, aus, an, Hupe, Fernlicht aus, GANZES LICHT AUS, Hupe, Licht an, anderes Auto weg.   Nach zweieinhalb Stunden Horrorfahrt war er aber so freundlich und hat uns zu unserer Unterkunft gefahren, wir hatten nämlich echt keinen Plan, wo wir hinsollten.
Die Unterkunft, war wohl die gruseligste Abstiege, die wir uns hätten aussuchen können. Aber was erwartet man schon für 6€ die Nacht? Okay okay, also wenigstens eine geschlossene Decke. Ich habe in meinem Leben zu viele Gruselfilme gesehen, als dass ich mit direktem Blick in den Dachboden ruhig schlafen könnte! Da fand ich es halb so schlimm, dass die Badtür nicht zuging, die Wände schimmelig waren und uns Mariah Carrey mit einem anzüglichen Kommentar Tag und Nacht schöne Augen machte.
Am Montag verlängerten wir den Aufenthalt in der Unterkunft und buchten einen Guide für eine Wandertour am nächsten Tag und machten dann die Stadt unsicher. Nakuru ist die viertgrößte Stadt Kenias und war uns auf Anhieb sympathisch. Dort ist es viel großstädtischer als in Kisumu, überall gibt es mit Ständen, Nähtischen und Menschen gefüllte jedoch dreckige Gassen. Aber dennoch sympathisch und irgendwie schön (insofern kenianische Städte schön sein können), sodass man gerne mal das Wort „Muzungu“, so werden Weiße hier genannt, überhörte. Nach einem Sparziergang durch die Innenstadt (und insofern man hier spazieren gehen kann) kam Miri auf die glorreiche Idee in einen der unzähligen Läden zu gehen und die unschönsten Kleider anzuprobieren. Viele Kenianerinnen tragen Kleider, die wir vielleicht nicht unbedingt anziehen würden, um es mal vorsichtig auszudrücken. 1. Wir haben einfach nicht den Körperbau für die Schnitte und 2. Manche Farben sehen zu heller Haut unmöglich aus. Allerdings waren sowohl die Verkäuferin als auch ich absolut von dem Kleid überzeugt, das Miri anprobierte. Vor allem die Farbe passt einfach perfekt zu ihrem Typ! (Achtung Ironie J )



Am nächsten Tag standen wir wirklich mal früh auf, um unsere Wandertour durch den Mengengai Crater zu starten. Unser Guide James hat den Tag vorher noch gefragt: „Wollt ihr die kleine oder die große Runde?“. Wir waren natürlich für die Große. Wisst ihr, ich sehe den Begriff „groß“ immer relativ. Wenn ich manchmal Erwachsene um etwas gebeten hab, kam oft die Antwort: „Aber Luisa, du bist doch schon groß!“. In Wahrheit habe ich die 1,60m-Marke nie geknackt. Und die meisten Suppen isst man nie so heiß, wie sie gekocht werden. Nun ja, unsere Suppe war aber noch ziemlich heiß, weil wir tatsächlich 24km (!) durch diesen 90km² großen Krater gewandert und teilweise auch einfach gelatscht sind.
Das Gefühl, als wir am Kraterrand ankamen und auf dieses gigantische Becken blickten… Ich glaube das ist echte Ehrfurcht vor der Natur, der Schöpfung. Und wir Menschen sind so winzig klein und egal wie sehr wir uns versuchen aufzuspielen und großzumachen, wir werden immer winzig klein bleiben! Wenn wir das doch nur endlich irgendwann mal begreifen würden…

Beim steilen Abstieg in den Krater kamen uns holztragende Kinder entgegen, mit billigen Flip Flops, gefolgt von einigen Ziegen. Und wenn man sich den Beckenrand genau ansah, entdeckte man zwischen Sträuchern und Aloe Vera-Pflanzen überall junge Menschen, die Feuerholz sammelten. Unten angekommen änderte sich die Vegetation schlagartig. Es war nicht mehr üppig grün, sondern steinig, kurzes Gras, kaum Bäume und meine Güte, war das warm! James legte dann auch noch trotz seines Bäuchleins ein ordentliches Tempo vor und nach den ersten zwei Stunden waren Miri und ich etwas erschöpft. Aber auch überwältigt von der Landschaft, dem Gefühl in einem  Krater zu sein und sich in scheinbar unberührter Natur zu befinden. Nur ab und an trafen wir mal auf ein paar Massai-Kühe, die friedlich grasten.



Irgendwann nach gefühlten 24km (wir waren erst beim ersten Viertel) krackselten wir auf schwarze Hügel, die wenig bewachsen waren. Unter unseren Füßen war ganz junge Lava, die bei einem Ausbruch vor 350 Jahren entstanden ist, es aber nicht über den Rand geschafft hat. Es war als fließe das Magma noch, denn die Lava hatte noch immer eine strömende Form, es war unbeschreiblich. Bei jedem Schritt knackte es unter uns, weil dieses leichte und weiche Gestein voller Luftbläschen ist und schnell nachgibt.
James führte uns von den Hügeln aus auf eine Straße im Krater, die von einer chinesischen Firma für alternative Stromgewinnung angelegt worden war. Soviel zum Thema „unberührte Natur“. Von da an begann das Latschen. Es war so warm, irgendwie wehte kein Lüftchen, aber Leute, diese Landschaft!


Alle paar Meter eine komplett neue Vegetation! Und kurz vor dem Aufstieg am anderen Ende des Menengai Crater… Ich habe mich mal wieder wie in „Derr Herr der Ringe“ gefühlt. Es hätte die Originalkulisse sein können und ich habe mir gewünscht, ich wäre noch mal ein Kind, das dort mit seinen Freunden Rollenspiele spielen kann. Sowas wie „Mutter, Vater, Kind“, nur mit Hobbits und Elben. J

Höhlenklettern
Nachdem wir aus dem Krater herauskletterten, besuchten wir noch zwei Höhlen, die damals kenianischen Kriegern vor den Briten als Versteck dienten. Heute sind es religiöse Stätten, wo sich Menschen versammeln, um durch die Natur eine Verbindung durch Gott zu finden. Wir haben irgendwie nur ein gefülltes Bienennest gefunden, was dann nicht mehr gefüllt war, weil die Bienen hinter uns herflogen und unseren lieben James leider in seinen Kopf piekten.
24 Kilometer und jeder Einzelne hat sich gelohnt. Hach ja, schön war‘s!




Naivasha

„Luisa!! Guck doch mal da, am Straßenrand stehen Zebras!“. „WAS?! Oh man Miri, wir sind sowas von in Afrika!“. Miri und ich klebten förmlich an der Autoscheibe im Matatu von Nakuru nach Naivasha. Jetzt war es der Matatufahrer, der gedacht haben muss wir wären auf Speed. Erst als wir ihm erzählten, dass bei uns weder Zebras, noch Giraffen oder sonstige afrikanische Tiere leben, verstand er die Aufregung und sagte: „Dann gibt es also gar keine Tiere in Deutschland?“.
Wir blieben nicht in Naivasha, diese Stadt ist nämlich wirklich nicht schön, sondern fuhren gleich weiter zum Fisherman’s Camp am Lake Naivasha, wo wir ein paar Tage verbringen wollten.
Eine von Miris und meinen Gemeinsamkeiten ist, dass wir zelten lieben! Sie, aufgrund unzähliger Festivalbesuche und ich, aufgrund von Survivaltrainings mit Papa.

Unser Zelt, das wir mieteten, war ca. 10 Meter vom Ufer entfernt aufgebaut und auf halber Distanz befand sich ein Elektrozaun. Ihr fragt euch jetzt bestimmt wozu der gut sein sollte, oder? Ja, das haben wir uns auch gefragt. Bis abends plötzlich zwei riesige fette Flusspferde vor unserem Zelt standen, nur durch den Zaun aufgehalten alles platt zu machen, was wir unser Eigen nennen. Wir konnten sie nachts sogar kauen und ins Wasser rennen hören. Eine Gänsehaut-Erfahrung fürs Leben!
Auch das Wetter in Naivasha hat uns ein aus der Bahn geworfen, es war nämlich ar***kalt! Ich weiß, was ihr jetzt im eklig-kalt-feuchten Deutschland denkt, aber wir haben wirklich gefroren! Und nach drei Monaten mal wieder kalte Hände oder Füße zu haben, da ist doch ein bisschen rumwundern erlaubt, oder? J
Am Donnerstagvormittag liehen Miri und ich uns Mountainbikes aus, um eine Fahrradtour durch das Bilderbuch-Afrika zu machen. Eigentlich hatten wir vor den Hell’s Gate National Park zu beradeln, allerdings gab uns ein Mann am Abend vorher den Hinweis einfach die Landstraße entlang zu fahren. Er sagte, dass man dort die Tiere, die es im Park gäbe, auch ohne Eintritt zu sehen bekommt.
Was für ein Gefühl, endlich wieder Fahrrad zu fahren! Endlich wieder ein Verkehrsmittel alleine betätigen. Hier in Kisumu ist das unmöglich, weil man als ungeübter Links-Verkehr-Teilnehmer ganz bestimmt nach den ersten 20 Metern umgegurkt wird.  Und wieder kam so ein Gefühl von Freiheit und Glück in mir auf. Nur, weil wir Fahrrad gefahren sind. Wunderschön, was für Kleinigkeiten einen Menschen glücklich machen können.
So radelten wir also dahin. Über den einen Berg. Über den nächsten Berg. Und den nächsten. Kein Tier. Aber wenigstens auch kein weiterer Berg mehr. Und dann, ganz plötzlich auf unserer linken Seite lief eine Warzenschweinfamilie vor uns davon. Einfach so. Miri und ich waren uns sicher: jetzt geht’s los mit den Tieren. Und tatsächlich, einige Metern weiter standen am Rand der kaum befahrenen Straße ein paar Zebras. Einfach so. Da sie nicht weggelaufen sind, stellten wir unsere Mountainbikes an die Seite und setzten uns mit zu ihnen. Nach einer halben Stunde Anstarr-Wettbewerb zwischen uns und unseren neuen Freunden und der ungelösten Diskussion, ob Zebras denn nun weiß und schwarze Streifen oder schwarz und weiße Streifen haben, beschlossen wir weiterzufahren.
Es war ziemlich warm an dem Tag und überall standen die für Afrika typischen Akazienbäume. Ab und zu lugte das Ufer des Sees zwischen den Bäumen auf der rechten Seite hervor und immer wieder kamen Schilder mit der Aufschrift: „Achtung, wilde Tiere kreuzen die Straße!“. Ehrlich gesagt, so sehr in Afrika habe ich mich in den drei Monaten noch nicht gefühlt. Und wir mittendrin auf einem Fahrrad.
Allerdings hat ein Tier gefehlt, das wir unbedingt sehen wollten. Giraffen. Und kaum hatten wir den Gedanken ausgesprochen ragte ein Giraffenhals mit Kopf hinter einigen Büschen heraus. Schnell stiegen wir ab, lehnten die Räder gegen einen Baum und schlichen uns an. Hinter der einen Giraffe standen noch 3 weitere etwas abseits, ein Gnu, Garzellen und Warzenschweine. Einfach so.

Miri und ich schlichen ganz vorsichtig an und diese Giraffe, sie bewegte sich einfach nicht, sie glotzte uns einfach nur doof an. Noch einen Schritt. Und noch einen Schritt. Die Spannung wurde immer größer. Die Giraffe, sie bewegte sich nicht. Als wir 10 Meter unmittelbar vor ihr standen, fragte ich mich, was wir eigentlich von ihr wollten. Dieses Tier war einfach so riesig und wir so klein. Es ist ein wildes und imposantes Lebewesen, also was war denn bitte unser Ziel? Dass sie uns tottrampelt? Trotzdem gingen wir weiter. Ich war so aufgeregt und nervös. Noch einen Schritt. Und noch einen, und dann. Ganz plötzlich. Sprang aus dem Busch direkt neben uns ein Warzenschwein heraus.
Dieser blöde Pumba! Ich hab einen so riesigen Schrecken bekommen! Danach war die Spannung kaputt, die Giraffe hatte keine Böcke mehr zu glotzen, drehte uns in Zeitlupe (ziemlich großer Wendekreis, wisst ihr?) den Po zu und galoppierte davon.
Wieder auf dem Rad sahen wir noch 8 oder 9 weitere Giraffen, in einem Dorf kleine Äffchen und auf dem Rückweg mussten wir anhalten, weil eine Garzellenherde die Straße überkreuzte und später noch richtig dicke große Affen. Die habe ich allerdings etwas spät gesehen, als ich mich bergab habe rollen lassen. Beinahe hätte ich die großen rotblauen Pobacken eines Affen als Fahrradständer benutzt, aber das ging ja zum Glück noch einmal gut.
Mit Affen hatten wir es in Naivasha sowieso nicht so. Miri wurde zweimal von kleinen fiesen Äffchen attackiert, als sie unser Essen (Weißbrot mit Tomate) vorbereitete. Das andere Mal hat ein Äffchen die Tüte mit Mandazis geklaut, sich ganz frech auf die andere Seite des Elektrozauns gesetzt und uns einen vorgekaut. Am Baum rechts daneben hing das Schild: „Affen bitte nicht füttern.“

Naivasha hat uns sehr gefallen und dort waren wir definitiv nicht das letzte Mal. Allerdings wollten wir weiter nach Nairobi, die Hauptstadt Kenias, um dort Miris Geburtstag zu feiern und Großstadtluft zu schnuppern.
Wie wir dort in eine Rastafari-Party platzten, welche Eindrücke wir aus Kibera, dem größten Slums Ostafrikas, sammelten, wie wir den Kilimanjaro erreichten, 10 Stunden mit einem Massai ohne Englisch- oder Kiswahilikenntnisse nach Löwen suchten und schließlich auf zeitlosen Inseln im Victoriasee landeten, erzähle ich bald im 2. Teil von „Kwa Matatu kwenda… Überall“.


                                                      
Bis dahin macht’s gut und passt auf euch auf!
Trinkt einen Eierpunsch für mich mit und hebt mir bitte einen Crêpe mit Nutella für mich auf, bis ich wieder da bin! J

Eure Luisa

Sonntag, 2. November 2014

„Jambo sana!“, oder sollte ich lieber sagen: „Goedendag!“?



Glücklich in Kenia!
Anfang November – könnt ihr euch das vorstellen? Es ist schon Anfang November!
Für Viele aus meinem Jahrgang war der letzte Monat ein aufregender erster Studienmonat, Einige von euch haben gerade ihre Oktoberferien genoss und müssen morgen wieder ran, für die Meisten ist alles wie immer, nur eben in kalt, und bei mir? Ja, was soll ich euch sagen. Bei mir schleicht sich langsam der Alltag ein. Das soll jetzt nicht heißen, dass hier Langeweile aufkommt, das auf gar keinen Fall. Wer Miri und mich kennt weiß, dass wir immer auf Ideen kommen, was wir machen können. Auch wenn es nur „Schiffe versenken“ spielen ist (das ist das ideale Stromausfallspiel!).
Das Meiste für uns also eingependelt und das einst so Neue ist zu unserem alltäglichen Leben geworden. Ein Leben, das ich immer mehr lieben lerne, auch wenn mir ab und zu Dinge auf die Füße fallen, die mir die Begeisterung und Euphorie vom Anfang rauben wollen. Ich versuche sie nicht zu lassen, denn das Leben (hier) ist viel zu schön! J

So, aber nun zu meiner verwirrenden Überschrift. Ihr habt euch bestimmt gewundert, wie da etwas Niederländisches hinkommen kann. Nein, Kenia war keine Kolonie der Niederlande und nein, ich mache auch keinen Internetsprachkurs, um mich zu beschäftigen. Denn trotzdem mein privates Leben langsam zur Ruhe kommt, war in den vergangenen Wochen bei uns an der Schule ordentlich Trubel. Wir hatten nämlich zwei Wochen Besuch aus Holland. Die Personenkonstellation  zu erklären wird jetzt etwas komplizierter, aber ich probier’s mal.
Netty und Will, ein schon älteres Ehepaar, wurden von ihren Nachbarn An und Harold überredet sie nach Kisumu zu begleiten, um den Lehrern Workshops für neue Methoden der Sonderpädagogik zu geben. An ist die Koordinatorin für Studenten eines niederländischen Colleges, die hier in Kisumu 3-monatige Praktika in Projekten, wie z.B. an unserer Schule, machen. Harold wurde von An, wie das bei Mann und Frau manchmal so ist, einfach mitgeschleppt. Und warum Netty und Will privilegiert sind den Lehrern zu dem Thema etwas beizubringen, ist die eigentlich interessante Sache. Die Beiden haben zusammen eine 36-jährige Tochter mit Down-Syndrom. Bethy, so heißt sie, war auch mit und ich habe diese Frau vom ersten Moment an bewundert. Trotz ihrer Behinderung  wohnt sie alleine in einem eigenen Haus, hat einen Hund, fährt Auto, spielt Klarinette und in zwei Orchester und sie arbeitet als Lehrerassistentin in einer Sonderschule. Ist das nicht der Wahnsinn? Hinter diesem Erfolg stehen natürlich liebende und sich aufopfernde Eltern, wie Netty und Will es sind. Und besonders Netty hat sich im Laufe der Jahre der Sonderpädagogik angenommen und Methoden, wie man z.B. Lesen und Rechnen übermittelt, entwickelt und verbessert. Genau diese Methoden hat Netty unseren Lehrern erläutert und ist gemeinsam mit ihrer Tochter Bethy jeden Tag in die Klassen gegangen, um sie praktisch an den Schülern zu demonstrieren. Ich habe mich immer in die „Reading-Lesson“ geschlichen und fand es sehr beeindruckend. Durch die Kombination von Bild und Text konnten die Schüler plötzlich kleine Sätze lesen, obwohl sie vorher nie gelesen haben! Genauso war das auch mit dem Rechnen und Zählen!



In der Zeit arbeiteten Harold und Will gemeinsam mit den Jungs aus dem Holz-Workshop. Die fünf Schüler sind so aufgegangen, das ist wirklich eine tolle Klasse! Miri und ich  konnten uns auch für die Arbeit begeistern und sitzen bis heute bei den Jungs in der Klasse und malen ihre selbstgebauten Mensch-ärger-dich-nicht-Bretter an.


Sieht das nicht lecker aus?!
Will beim Vorbereiten der "Nonnaforten"
Will hatte noch eine kleine Überraschung für uns parat. Er und seine Frau sind nicht nur Supereltern, nein, sie sind auch 30-fache Superkochbuchautoren für niederländische Spezialitäten. Deswegen kochten wir an einem Morgen auch keine Mandazis, sondern „Nonnaforte“, oder so. Ich habe den Namen gegoogelt und habe nur „Nonnenfürzle“ gefunden. Das ist aber nicht das, was ich meine. Eigentlich ist der Name ja auch nicht so wichtig, denn Hauptsache ist, dass dieses Gebäck das Leckerste war, was ich bisher in Kenia gegessen habe! Vorallem wegen der Zucker-Zimt-Schicht… Oh man, ich sollte aufhören darüber zu schreiben. J

Einen großen Vorwärtsschritt hat auch unser Schaukelprojekt gemacht. Die Niederländer halfen uns  einen Mann zu finden, der die schweren Metall- durch Stoffsitze ersetzt. So ist es viel ungefährlicher für die Kinder. Ab nächster Woche wollen Miri und ich dann streichen, wir haben uns auf eine gelb-rot-Kombination geeinigt. Bilder bekommt ihr dann natürlich!

Und dann war da noch der Donnerstagabend. An und Harold luden uns für den Abend zu sich ein, um für uns zu kochen. Diesen Abend habe ich wie eine kleine Auszeit empfunden. Erstmal mit Weißen zusammen zu sein, dann war das Essen unglaublich lecker (mit Gemüse und nicht ölig!!!) und es hat mal wieder gut getan Gespräche mit Personen zu führen, die den gleichen Herkunftshintergrund haben. Natürlich kann man sich auch mit Kenianern gut unterhalten. Allerdings muss man sich oft erklären und beschreiben, wie es in Europa bzw. Deutschland läuft. Naja, und da scheiden sich die Geister und Ansichten sehr oft. Jedenfalls haben uns die Beiden an dem Abend sehr verwöhnt. Es gab sogar Kaffee, könnt ihr euch das vorstellen?! J
Am Freitag mussten wir dann von unseren Gästen Abschied nehmen. Hach ja, bei sowas bin ich immer so emotional, besonders weil mir  An so ans Herz gewachsen ist. Aber wir werden im Laufe des Jahres so viele Menschen kommen und gehen sehen. Vielleicht gewöhne ich mich ja irgendwann dran.
Montag wartete in der Schule eine Überraschung auf Miri und mich. An und Harold haben uns eine große Tüte mit Gewürzen, Mais, passierten Tomaten, Kaffee, Tee und Mayonnaise hinterlassen. Davon werden wir wohl noch das ganze Jahr profitieren, so sparsam, wie wir hier geworden sind.

Ich muss euch unbedingt noch vom letzten Wochenende erzählen. Wir hatten Besuch von den drei Freiwilligen Anna, Tobi und Kathi aus Kisii, einer 150 km entfernten, kleineren Stadt.
Nun ja, zu fünft in unserer Wohnung war es dann etwas eng. Mein Zimmer bestand nur noch aus Matratze, die Dusch-Organisation war etwas chaotisch und zu allem Überfluss ist dann Freitag Abend auch noch unser Gas, mit dem wir kochen, leer gegangen. Mit anderen Worten: am nächsten Morgen gab es kein Rührei zum Frühstück und geduscht werden musste kalt. Aber glaubt mir, das ist alles halb so schlimm. Als wir nämlich die drei in Kisii besucht haben, hatten wir mit 5 Leuten in einer Wohnung Strom- UND Wasserausfall. Das war dann schon dramatisch, weil solche Sachen wie Toilettenspülungen irgendwie eben nur mit Wasser funktionieren.   Die Hauptsache ist: wir hatten unheimlich viel Spaß und haben uns sehr über das Wiedersehen gefreut. Es ist so spannend von den Erlebnissen der Anderen zu hören und in manchen Erzählungen erkennt man sich echt wider.
Am Sonnabend ging für uns der Tag schon um 6.30Uhr los, denn wir hatten eine lange Wanderung in das Hochland Kenias vor uns. Mit im Boot waren noch Jonas, ein anderer weltwärts-Freiwilliger, jedoch nicht von unserer Organisation, und seine Schwester Maria, die ihn gerade besucht hat.
Um 08.00Uhr ging es für uns dann mit dem Matatu los in einen dörflicheren Stadtteil namens Mamboleo. Von dort aus mussten wir dann PikiPikis nehmen, die uns immer näher an die Berge heranfuhren.
Kisumu und der Victoriasee liegen in so einer Art Schale, sind also umgeben von diesem gigantischen Gebirge. Der Bubbel, der da in der Mitte auf einem der Berge klebt, das war unser Ziel. Der „Monkey Rock“.
Noch beim PikiPiki fahren, habe ich mich gefragt, was wohl hinter den Bergen liegt...
Der Aufstieg war unheimlich anstrengend, weil wir in der Mittagshitze der Äquatorsonne mehr oder weniger wanderten. Es war tatsächlich eher ein Wanderklettern inklusive einer unheimlich hoher Transpirationsrate!


Miri, Tobi, Anna und ich
Zum Glück sind wir auf halber Höhe auf einen kleinen Wasserfall gestoßen und konnten uns da etwas abkühlen.












Miri und ich waren auch gleich wieder fit genug, um witzige Fotos zu machen.
An dieser Stelle möchte ich einmal erwähnen, dass Miri und ich das perfekte Team sind. Sie ist so viel mehr geworden, als nur eine Mitfreiwillige. Entschuldigung, dieser emotionale Einwurf musste mal sein.
Zu dem Zeitpunkt am Bach wussten wir noch nicht, dass wir noch eine weitere Stunde durch hohes Gras krakseln müssen und erst auf halber Höhe waren. Doch schon von dieser Stelle aus hatte man eine tolle Aussicht!

Vom Wasserfall aus fotografiert - hinter der Hügeln erkennt man eine Bucht des Victoriasees


Wir liefen weiter und plötzlich sah ich, was hinter den Bergen lag. Es war verrückt. Eine ganz andere Landschaft, hügelig, grün, überall diese Steine, die wie Streusel aus dem Grad ragten, vereinzelt Kühe und Esel und kleine Lehmhäuschen. Es war wie in einer Parallelwelt und ich habe mich mal wieder wie ein kleiner Hobbit aus "Der Herr der Ringe" gefühlt. Meine Worte und die Bilder können die Weite, die Atmosphäre und die Natur kaum beschreiben. Bevor wir den "Monkey Rock" erreichten, mussten wir ein Bergdorf passieren. Die Menschen dort leben wirklich nur mit vom Nötigsten und bauen sich das was sie brauchen selbst an. Bohnen, Kohl, Mais, Getreide... Wir mussten nämlich durch die Felder laufen, deswegen ist  mir das so aufgefallen. Swahili, geschweige denn Englisch, konnte man mit ihnen auch nicht wirklich sprechen. Stellt euch mal vor, sie wohnen eigentlich so nah am modernen Leben und doch so weit entfernt. Ist das nicht ziemlich verrückt?

Verrückt war auch, was uns erwartete, als wir dann endlich endlich den "Monkey Rock" erreichten. Stundenlanges Wanderklettern, Schwitzen und Rummaueln haben sich gelohnt. Die Aussicht war schlichtweg unfassbar!
















Zum Schluss: Das stolze Gruppenfoto! 





Gottesdienst mal anders
Am Sonntag schlich ich mich morgens aus dem Bett, für mich war es nämlich an der Zeit in die Kirche zu gehen. Die Woche zuvor hattee ich tatsächlich eine Neuapostolische Kirche in einem Slumgebiet gefunden und am letzten Sonntag sollte ein großer Gottesdienst stattfinden.
Nur leider nahm klein Luisa ein ungünstiges Matatu und kam voll zu spät. Diese Busse fahren nämlich erst los, wenn sie voll sind, also richtig voll. Normalerweise passen da 14 Leute rein, wir saßen aber schon mit 21 Personen in einem. Ich machte mich also voll verrückt, weil es schon 10.43 Uhr war, als ich ankam und die Menschen in diesem Teil Kisumus haben, glaube ich, noch nie einen rennenden Weißen gesehen, so wie sie jubelten. Jedenfalls habe ich, typisch Europäer, vergessen, dass ich in Afrika bin und Zeit hier keine große Rolle spielt. Der Gottesdienst fing nämlich statt 10.30Uhr erst irgendwann gegen 11.10 Uhr an. So viel zum Thema „Hakuna Matata“ (keine Sorge) und „polepole“ (langsam).
Die kleine aber feine Gemeinde
Nach dem Gottesdienst lud mich die Gemeinde zum Mittagessen in das Haus einer Familie ein. Ich dachte, dass wir mit der ganzen Gemeinde zusammen sitzen und essen. Wisst ihr, wie aus dieser Coca Cola Werbung, wo alle lachen und sich das Essen über den langen Tisch reichen. Nein, so war es natürlich nicht. Ich saß ausschließlich mit den Amtsträgern (den Männern mit den schwarzen Anzügen, die bei uns die Gottesdienste halten) in einem engen, dunklen Raum einer Lehmhütte, während dessen die Frauen draußen in der Hitze kochten und die andern Männer auf Plastikstühlen im Schatten saßen und sich unterhielten. Ich habe mich wirklich unwohl gefühlt. Der Muzungu, wie wir Weißen hier genannt werden, darf bei solch einer Zusammenkunft der Ämter dabei sein… Und das alles nur weil ich eine andere Hautfarbe habe…
Als das Essen aufgetischt wurde, mümmelte ich an meinem Fisch (mit Kopf, Schwanz, Flosse und Innereien) herum in der Hoffnung, dass sich die Leute draußen etwas von dem Essen dabehalten haben. In solchen Momenten tu ich mich schwerer mich den traditionellen Hierarchien anzunehmen. Ich empfinde Ungerechtigkeit, worin Andere die Normalität sehen. Das war wirklich eine beeindruckende und zum Nachdenken anregende Erfahrung.



Ich hoffe euch geht es allen gut! Habt morgen einen guten Start in die Woche und lasst den Kopf nicht hängen. Denkt immer dran: Nächsten Monat ist schon Weihnachten! J

Also, passt auf euch auf und Grüße auch von Miri!

Eure Luisa



PS:   Ein Highlight der Woche war gestern. Für Miri hieß es nämlich „Schnipp schnapp, Haare ab“. Jetzt ratet mal, wer das machen durfte… Das letzte Mal habe ich meiner Cousine Carolin einen Pony geschnitten und ich kann mich dunkel daran erinnern, dass die Anderen davon nicht halb so begeistert waren, wie ich selbst. Das habe ich Miri natürlich nicht erzählt. In der Version von gestern waren meine Tante und Carolin hin und weg von dem neuen Gefährt in Carolins Gesicht. J
Jedenfalls hat gestern aber alles geklappt und Miri ist zufrieden. Vielleicht denke ich doch noch einmal über meinen Berufswunsch nach.




Montag, 6. Oktober 2014

Der erste Monat meines Lebens




Wahnsinn, wie die Zeit vergangen ist. Ich bin jetzt schon einen Monat so weit weg von Zuhause.
Einen Monat ohne Mama und Papa, einen Monat ohne meine Familie und Freunde, einen Monat ohne fließendes Wasser, einen Monat ohne ein richtiges Bett, einen Monat ohne vertraue Gesichter und Umgebungen, einen Monat ohne Käse und Brot, einen Monat ohne mein altes Leben.

So könnte man das sehen. Möchte ich aber nicht, denn für mich war dieser Monat eher so:
Einen Monat mit einer wunderbaren Freundin in einer ziemlich abgefahrenen ersten eigenen Wohnung, einen Monat mit einzigartigen Kindern, einen Monat mit Sonnenschein und Wärme, einen Monat mit unzählbaren Eindrücken und Erfahrungen, die ich in Deutschland nicht gesammelt hätte, einen Monat mit Umstellungen, die ich lieben lerne, einen Monat mit Schwierigkeiten, die ich gemeistert habe und die mich nicht kleinbekommen haben, einen Monat in einem so vielfältigen und „anderem“ Land.
Einen Monat im Traum meines Lebens – Der erste Monat meines Lebenstraums…





Bether. eine der großen Schülerinnen
In den vier Wochen haben Miri und ich alles gegeben, um unseren Platz in der Schule zu finden, uns mit den Kindern anzufreunden und uns einzuarbeiten. Das war nicht immer ganz einfach, da Sachen, wie zum Beispiel hygienische Angelegenheiten, die Arbeitsmoral, usw. , anders gehandhabt werden, als in Deutschland.
Nachdem wir aber vergangene Woche ein Meeting mit der Schuldirektorin und einigen Lehrern hatten, fühlen wir uns an der Schule angekommen. Unser Stundenplan steht und wir haben auch schon einige Projektideen, die der Schule helfen sollen.
Das erste kleine Projekt haben wir sogar schon begonnen. Gegenüber von dem Haus unserer Direktorin ist ein Gemüsebeet (wem das jetzt genau gehört haben wir noch nicht herausgefunden) und zwischen Sukuma Wiki und Spinat wachsen da auch die wildesten Unkräuter denen wir den Garaus machen wollen. Das ist ganz schön witzig, weil man alle 3 Minuten spekuliert, ob die Pflanze, die man gerade herausgerissen hat, gewollt oder einfach nur schönes afrikanisches Unkraut war.
Nichtsdestotrotz ist es toll eine Arbeit zu machen, bei der man am Ende des Tages sieht was man geschafft hat.
Für das kommende Jahr habe ich mir auch eine kleine Aufgabe gestellt. Die Kinder putzen sich nach dem Mittag eigentlich die Zähne, aber Einige von ihnen können das nicht alleine. So auch Victor, einer der älteren Schüler. Die Sache ist, er ist etwas speziell, da er seinen Mund nicht schließt und  nicht schluckt. Deswegen läuft der Speichel ungehindert hinaus, was hier in der Hitze unangenehme Folgen hat. Da verstehe ich auch irgendwo, dass man ihm nicht so gern die Zähne putzt. Er hat mich beim ersten Mal aber einfach an die Hand genommen und zu den Zahnbürsten gezogen, da konnte ich schlecht „Nein“ sagen. Nachdem ich anfing zu putzen blutete er plötzlich sehr stark und da bin ich ehrlich gesagt etwas an meine Grenzen gestoßen. Der Konflikt in mir war ungefähr so: ‚Okay Luisa, wenn du weiter putzt, dann blutet er. Oh man, du machst, dass das Kind blutet!!! Auf der anderen Seite, wenn du ihm jetzt nicht die Zähne putzt wird es nur noch schlimmer…“
Was soll ich sagen? Ich habe natürlich weiter gemacht. Und nun mach ich es täglich,  das Zahnfleischbluten hat nachgelassen und sein Lächeln über ein frisches Gefühl im Mund ist unbezahlbar! J

Natürlich hat sich auch in unserem privaten Leben ordentlich was getan. Ehrlich gesagt weiß ich gar nicht, wo ich da anfangen soll…
Ich beginne mal bei unseren Nachbarn, das ist nämlich eine ziemlich beeindruckende Sache, wie ich finde. Miri und ich dachten echt unsere Wohnung sei klein, eng, dunkel, wir haben anfangs rumgewundert, dass wir weder Dusche, noch eine richtige Küche haben… Bis wir mal bei unseren Nachbarn drüben waren. Danach sind wir ganz kleinlaut geworden. Die 4-köpfige Familie wohnt in einem ca. 10 großen Raum. Ohne Küche, ohne Bad (sie duschen in unserer Toilette), in dem Raum steht nur ein großes Bett in dem Mama, Papa und die beiden Kinder Rawia und Faisal schlafen. Seitdem sagen Miri und ich uns so oft „Uns geht es hier so gut.“ Und besonders uns/euch in Deutschland geht es so unbeschreiblich gut, ich wünschte wir könnten das Leben, das wir führen und die Dinge, die wir haben, viel mehr wertschätzen.

Rawia, das kleine Mädchen von nebenan, ist beinahe täglich bei uns in der Wohnung und hilft uns bei allen möglichen Sachen. Neulich hat sie mir sogar beim Haare kämmen geholfen. Aber ich glaube dazu muss ich nicht viel sagen, außer dass ich in manchen Momenten tierisch gelitten habe. =D
Mit ihr haben wir schon einiges erlebt. Gestern hat sie uns zum Beispiel aus der Küche rausgeschickt, weil sie unbedingt den Abwasch machen wollte. Nach 10 Minuten mussten Miri und ich durch den Flur schwimmen, um in die Küche zu gelangen. Alles stand unter Wasser, nur das Geschirr war komischer Weise trocken.



Endlich wieder... 
Es ist noch etwas anderes tolles geschehen… Miri und ich haben uns… mit zwei kenianischen jungen Männern über die Schule angefreundet (wie schreibt man denn sowas, ohne dass Papa anfängt sich Sorgen zu machen?!) und sie sind unheimlich vernünftig, zuvorkommend, humorvoll und machen Musik (ich hoffe, ich habe die Kurve bekommen Papa). Letzte Woche Sonntag haben sie mir geholfen in Kisumu ein Klavier zum Üben zu finden. Wider allen Erwartungen fanden wir tatsächlich eins in einer Baptist Church. Es ist nichts Überragendes, aber ich bin zufrieden damit und froh überhaupt etwas gefunden zu haben. Leider ist es weit weg von meinem Viertel und die Gegend ist nicht ganz sicher, vor allem nicht, wenn man dort alleine unterwegs ist. Ich werde weiterhin nach einem Anderen Ausschau halten. Aber jeder der mich kennt, kann sich sicher sehr gut vorstellen, wie ich mich nach vier Wochen Abstinenz über das Klavierspielen gefreut habe! Im Laufe der Woche werde ich wieder hinfahren und auch mal wieder singen üben. Ich merke jeden Tag mehr, dass ich diesen Ausgleich und die Musik einfach für mich brauche.
Einer von Vielen... Affen - einfach so da!
Nun aber zurück zu Ian und Donald, unseren Freunden. Am Samstag haben wir echt den perfekten Tag mit ihnen erlebt! Unser Wunsch war es nämlich hier zu wandern und zu klettern, weil die Landschaft gigantisch ist! Also holten sie uns morgens (gegen 11.30Uhr) mit einem gemeinsamen Freund ab, der sich in den Bergen von Maseno auskennt. Der Ort Maseno liegt direkt am Fuß von vielen Hügelbergen (Ich weiß nicht, ob das schon Berge sind, auf jeden Fall sind es keine Hügel), also perfekt zum wandern. Auf dem ersten Abschnitt des Weges dann die große Überraschung: Affen in freier Wildbahn! Damit haben wir wirklich nicht gerechnet, aber jetzt wo ich das hier so schreibe…  stimmt ja, wir sind ja in Afrika… J
Die Berge um Maseno sind überstreut von Felsen und von den Felsen oben auf der Spitze hat man eine wahnsinnige Aussicht. Wir konnten bis nach Uganda schauen und den Lake Victoria von Oben sehen. Aber wie das immer so ist, noch während wir uns mit Panoramablick  ausruhten, fing es natürlich an zu regnen. Zum Glück kann ich sagen, denn eine Frau kam aus ihrer Lehmhütte, und lud uns ein bei ihr zu bleiben, bis der Regen vorüber war. In dem Häuschen gab es kein Wasser, kein Strom und die Henne hat mit ihren Küken neben uns im „Wohnzimmer“ gehockt und auch auf Sonnenschein gewartet. Das war sehr beeindruckend, denn die Frau hat einen zufriedenen Eindruck gemacht. 

               Braucht man vielleicht gar nicht mehr um zufrieden und glücklich zu sein?

Familienfoto J


Wenn man es genauer betrachtet...
Miri auf der Nordhalbugel, ich auf der Südhalbkugel
Nach einer halben Stunde sind wir wieder heruntergeklettert und haben noch einen Abstecher zum Äquator gemacht, bevor wir etwas Essen gegangen sind.
Es war der perfekte Tag und wir können so froh sein Leute von hier zu kennen, die wissen wie der Hase läuft und uns Dinge erleben lassen, auf die wir nicht von alleine gekommen wären!




Kleines Fazit

 Das kleine Fazit ist eigentlich ein wunderschönes großes Fazit: Ich liebe mein Leben hier. Ich fühle mich so wohl, so Zuhause und ich habe jetzt schon so viel gelernt.
Ich merke, wie ich jeden Tag zufriedener und dankbarer für das werde, was ich habe. Wenn es im ersten Moment auch nicht viel scheint, schaut man genauer hin wird einem bewusst wie kostbar zum Beispiel der kleinste Schluck Trinkwasser ist. Und wenn man hier mit seinem Beutel Obst durch die Straße läuft und an die Menschen denkt, die neben einem laufen und sich das vielleicht nicht leisten können, fühlt man sich, als trage man essbares Gold.
Ich kann euch sagen, unser Leben in Deutschland ist im Großen und Ganzen wunderschön, wenn man es aus einem bestimmten Blickwinkel betrachtet und man versucht nicht nach dem „Mehr“ zu streben.

So viel zu meiner Zeit hier in Kenia. Am Donnerstag reisen wir für ein paar Tage nach Uganda, weil wir drei Tage frei haben. Das wird bestimmt ein lustiger Trip und ich freue mich schon wieder etwas Neues zu erleben!

Ich denke an euch und hoffe, dass es euch allen gut geht!

Eure Luisa


PS: Nach einem kleinen Drama, weil der Postcode nicht stimmte, hat mich dann heute doch der erste Brief und das erste Paket erreicht! Danke Mama, wir freuen uns riesig über die Sachen, vor allem über das Stollenkonfekt, das ich mir vorgenommen habe bis Weihnachten aufzuheben. Und… die Nutella! Bei uns gab es vorhin gleich erstmal ein Nutella-Toast. Glaubt mir, das war definitiv unser heutiges Highlight! J